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17.11.2022

Einkabellösungen für mehr Effizienz im modularen Maschinenbau

OCT und EtherCAT P als Systemverkabelung bei medizintechnischen Anlagen

Der Spezialmaschinenbauer MA micro automation GmbH konstruiert aus Grundkonfigurationen und unterschiedlichsten Modulen individuelle Anlagen für die Medizintechnik. Das verlangt nicht nur ein konsequent entlang der Kernaufgabe modularisiertes Anlagenkonzept. Ebenso erfordert es eine flexibel projektierbare Steuerungstechnik und Systemverkabelung. Beckhoff stellt dies mit PC-based Control, der One Cable Technology (OCT) und EtherCAT P zur Verfügung und sorgt so für deutliche Effizienzsteigerungen in der Fertigung.

MA micro automation in St. Leon-Rot fertigt Montage-, Justage- und Prüfsysteme für die Medizintechnik und visuelle Inspektion. „Wo immer möglich, setzen wir dabei auf Standardmodule und ergänzen diese bei Bedarf durch speziell entwickelte Einzelkomponenten“, erklärt Dirk Striebel, Leiter Operations bei MA micro automation, den Grundgedanken des modularen Maschinenbaus.

Die Basis der Anlagen bilden in der Regel die Maschinenplattformen CENTAURI IVD und CERES POC. Diese können an die jeweiligen Bedürfnisse und Anforderungen angepasst werden. So erklärt sich das breite Anwendungsspektrum der Anlagen. Die MA micro automation liefert Fertigungs-, Prüf- und Montageanlagen z. B. für diagnostische Verbrauchsmaterialien, medizintechnische Spritzgieß-Komponenten, Insulin-Pens, Auto-Injektoren sowie Pipettenspitzen und Reaktionsgefäße. Um den Marktanforderungen hinsichtlich hoher Präzision und genauer Montage gerecht zu werden, u. a. von optischen Baugruppen, setzt der Spezialmaschinenbauer auf seine eigenen Bildverarbeitungs- und Softwaresysteme sowie sein großes Bildverarbeitungs- und Software-Team.

Bei der Dichte an Sensoren und Aktoren im Feld spart die Systemverkabelung mit den Hybridleitungen und EtherCAT P viel Verdrahtungszeit bei der Montage.
Bei der Dichte an Sensoren und Aktoren im Feld spart die Systemverkabelung mit den Hybridleitungen und EtherCAT P viel Verdrahtungszeit bei der Montage.

Massenproduktion mit höchster Präzision

Auf Basis von CENTAURI IVD wurde beispielsweise eine Lösung entwickelt, die der Pandemie-bedingt gestiegenen Nachfrage nach Pipettenspitzen gerecht wurde. Pipettenspitzen sind einerseits Massen-, andererseits Präzisionsartikel, denn sie dienen in der Labordiagnostik dazu, exakt definierte Flüssigkeitsmengen aufzunehmen und in Testbehältnisse zu übertragen. Die Wandstärken und Öffnungen an der Spitze betragen jeweils nur wenige zehntel Millimeter und jede Abweichung könnte das Diagnoseergebnis beeinflussen. Dazu Dirk Striebel: „Daher ist es wichtig, während des Produktionsablaufs z. B. auf Gratbildungen oder Verformungen zu achten und auffällige Pipettenspitzen zuverlässig auszuschleusen.“ Deshalb integriert MA micro automation häufig vielfältige Prüfstationen in den Fertigungsablauf. Die dafür nötige Bildverarbeitungskompetenz steht im eigenen Haus zur Verfügung.

Um Stillstandzeiten der Spritzgießmaschine im 24/7-Betrieb zu vermeiden, hat MA auf Kundenwunsch einen Pufferspeicher zwischen der Maschine und den Folgeprozessen integriert. „Dessen Kapazität ist auf zehn Minuten ausgelegt, also lang genug, um Etiketten oder Filter bei Bedarf nachzufüllen“, erklärt Dirk Striebel. Aufgrund der schnelleren Taktzeit der Anlage im Vergleich zur Spritzgießmaschine leert sich der Pufferspeicher im Anschluss selbstständig.

Mit der zweiten Plattform CERES POC adressiert MA micro automation den Markt für sogenannte Point-of-Care (POC)-Schnelltests im Bereich der patientennahen Labordiagnostik. Diese hochflexiblen Produktionsanlagen umfassen die gesamte Prozesskette, von der Kunststoffformgebung bis hin zum Prüfen und Verpacken. Mit Anlagen auf Basis dieser Plattform können über 30 Mio. Tests im Jahr produziert werden.

Kommt aus technischen Gründen keine der beiden Maschinenplattformen in Frage, übernimmt der Spezialmaschinenbauer auch die Projektrealisierung individueller Lösungen als Generalunternehmer. Dazu Dirk Striebel: „Basierend auf unserem großen Portfolio von standardisierten Modulen und Lösungen geben wir unseren Kunden die Flexibilität, sich ihre Wunschlösung zusammenzustellen.“ Von diversen optischen Inline-Prüfungen, Pipettenfiltermontage, vollautomatischer Verknüpfung zu vor- und nachgelagerten Produktionsprozessen (Rack, Alterungsspeicher, Verpackung etc.) sowie dem vollautomatischen intralogistischen Prozess – alles ist über den entsprechenden Konfigurator definierbar.

PC-based Control in der In-Vitro-Diagnostik

Als Generalunternehmer konzipierte MA micro automation für einen Globalplayer eine flexible Pipettenspitzen-Automatisierungslösung mit erhöhter Ausbringungsrate. Der Projektumfang bestand darin, eine flexible Automatisierungslösung für die Produktion umzusetzen, bei der die Pipettenspitzen abgepackt in Racks dem In-Vitro-Diagnostik-Markt angeboten werden können. Zielvorgabe war, die einzelnen Pipettenspitzen in einer Taktzeit von unter 0,1 s aus dem Schüttgut zuzuführen, zu vereinzeln, automatisiert in Racks einzusetzen und zu verpacken.

Die Flexibilität hinsichtlich der Pipettenvarianten basiert auf Spritzgießwerkzeugen mit bis zu 128 Kavitäten. So können diverse Pipettenspitzen auf den Spritzgießmaschinen produziert werden. Die Entnahme der Pipetten erfolgt über eine Entnahme-Achse, die sich mit wenig Umrüstschritten auf die jeweilige Anzahl an Kavitäten anpassen lässt – die Entnahmeachse ist somit universell skalierbar. Das benötigte Rastermaß des finalen Racks wird über eine spezielle Handlingstrategie realisiert, sodass die Pipettenspitzen nach wenigen Automationsschritten in den Racks liegen und anschließend z. B. über das lineare Transportsystem XTS weiter transportiert werden.

Kein entweder, oder: EtherCAT P und EtherCAT können im Feld kombiniert werden. Die IP67-Box EPP9001-0060 trennt EtherCAT P bei Bedarf in EtherCAT und Power auf, um Standard-EP-Box-Module nutzen zu können.
Kein entweder, oder: EtherCAT P und EtherCAT können im Feld kombiniert werden. Die IP67-Box EPP9001-0060 trennt EtherCAT P bei Bedarf in EtherCAT und Power auf, um Standard-EP-Box-Module nutzen zu können.

Modularität durch flexibel skalierbare Automatisierung

Basis all dieser Anlagenvarianten bildet PC-based Control als Automatisierungslösung – und das seit 2010, wie Dirk Striebel betont: „Wo immer möglich, setzen wir Beckhoff-Komponenten als Standard ein. Es sei denn die Kunden schreiben uns ein anderes Steuerungssystem vor.“ Letzteres komme allerdings kaum noch vor.

Inzwischen setzt MA micro automation die komplette Bandbreite an Beckhoff-Produkten ein: von den Servoantriebssystemen AX5000 und AX8000 sowie XTS für den Materialtransport über EtherCAT- und EtherCAT P-Box-Module bis hin zu Embedded- und Industrie-PCs sowie Control Panels wie das CP3921 in kundenspezifischer Ausführung. Denn Spezialmaschinenbauer haben laut Dirk Striebel die Intention, auf bewährte Standards zurückzugreifen, um effizienter und fehlerfreier zu werden: „Diese Anforderungen erfüllen die Beckhoff-Systemkomponenten vollumfänglich – von der Projektierung über die Entwicklung bis hin zur Fertigstellung der Anlagen.“

Mit OCT, ENP und ECP effizient verkabeln

Einen großen Benefit für sein Unternehmen sieht Dirk Striebel in der konsequenten Standardisierung auf OCT bei den Antrieben und EtherCAT P in der I/O-Ebene. Durch deren Einführung wurde der Verdrahtungsaufwand deutlich reduziert und die dezentrale Leistungsverteilung durch die vierkanaligen Powerverteiler EP9224-0037 vom B17-ENP-Hybridsteckverbinder auf EtherCAT P verbessert. „Diese Maßnahmen haben in Summe unseren Installationsaufwand und die daraus resultierenden Kosten deutlich reduziert – um 15 bis 20 %“, konkretisiert Dirk Striebel. Auch die vorkonfektionierten Kabel, die MA micro automation ebenfalls von Beckhoff bezieht, tragen ihren Teil dazu bei.

Abhängig von der Anlagengröße spart die One Cable Automation (OCA) von Beckhoff mit den ENP-Hybridleitungen und EtherCAT P bis zu 100 Leitungen ein. Diese müssen nicht mehr konfektioniert, verlegt und im Schaltschrank aufgelegt werden, was wiederum die potenziellen Fehlerquellen reduziert. „Typische Fehler beim Anschluss der Leitungen lassen sich bei EtherCAT P mithilfe der verschiedenen Codierungsmöglichkeiten weiter reduzieren,“ ergänzt Udo Gruber, Leiter des Beckhoff-Vertriebsbüros in Mannheim. Die I/O-Box-Module und die Systemleitungen können über verschiedene Farbringe codiert werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Hybridsteckverbinder über die mechanische Codierung der Bajonettverschlüsse zweifelsfrei zuzuordnen. „Das alles können wir bei einer Bestellung unserer EtherCAT P-Box-Module und der vorkonfigurierten Leitungen bereits ab Werk berücksichtigen,“ so Udo Gruber.

Dirk Striebel ergänzt: „Hinsichtlich der Leistungsverteilung erledigen sich mit EtherCAT P Themen wie die Leitungslänge und die daraus resultierenden Spannungsabfälle quasi von selbst.“ Ebenso kann man mit den EtherCAT-Box-Modulen zur Powerverteilung wie z. B. EP9214 und EP9224 diverse Datenkonzepte realisieren, anpassen oder komplett neugestalten. Zudem vereinfachen die umfangreichen Diagnosefunktionen von EtherCAT und der Technologieerweiterung EtherCAT P die Fehlersuche bei einer Störung. Es fehlt nicht mehr viel, um die Endmontage weitgehend ohne Elektro-Fachkraft vorzunehmen. „Im Bereich der 24-V-Sensorik-Aktorik-Installation geht der Weg auf jeden Fall in diese Richtung“, pflichtet Dirk Striebel bei. Er denkt hier bereits weiter und treibt aktuell die Vereinfachung der Montage- sowie De- und Remontage seiner Anlagen weiter voran: „Ziel ist, insbesondere kostenintensive Tätigkeiten vor Ort beim Endkunden zu reduzieren und die Durchlaufzeiten der Anlagen in der Endmontage zu verkürzen. Auch hierbei wird Beckhoff als langjähriger und zuverlässiger Partner und Lieferant der Systemkomponenten wieder seinen Beitrag leisten.“