TwinCAT 3, PC-based Control und Demo Racks in der beruflichen Bildung
Industrielles Ethernet sowie PC-basierte Steuerungstechnik sind längst Alltag in vielen Anlagen. Dem trägt das Staatliche Berufliche Schulzentrum Bamberg (SBSZ) Rechnung. Dort wird das Know-how über fortschrittliche Programmiermethoden, Motion Control und Safety anhand aktueller Technologien vermittelt: Angehende Facharbeiter und Facharbeiterinnen sowie Techniker und Technikerinnen lernen mit Industrie-PCs, TwinCAT 3 und Antrieben von Beckhoff die Vorteile einer offenen Automatisierungsplattform kennen.
Das Staatliche Berufliche Schulzentrum Bamberg vermittelt das notwendige Wissen in Theorie und Praxis für verschiedenste Berufsfelder, u. a. in den Bereichen Elektrotechnik, Informatik und Mechatronik. Entsprechend des technischen Fortschritts müssen neben den Lerninhalten auch die Lehrmittel immer wieder angepasst werden, was im Rahmen einer Raumneugestaltung im Fachbereich Elektrotechnik 3 (Mechatronik) im Jahr 2020 durch ein neues Labor für Steuerungs- und Antriebstechnik umgesetzt wurde.
„Wir wollen die angehenden Fachkräfte – Elektriker und Techniker für Automatisierungstechnik sowie Mechatronik – bestmöglich auf die Aufgaben in der Praxis vorbereiten“, so Studienrat Dipl.-Ing. Stefan Felkel, der zusammen mit Oberstudienrat (M.Sc.) Markus Grill die Laborarbeitsplätze konzipiert hat. Die Lerneinheiten und Übungen im Labor sind daher ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung. Ziel ist, die Berufsschüler anhand verschiedener praktischer Übungen auf ein individuelles Arbeiten und Programmieren vorzubereiten. Dazu Stefan Felkel: „Jeder Berufsschüler und jede Berufsschülerin sowie die angehenden Techniker und Technikerinnen planen und erstellen eigene Programme, die sie simulieren und anschließend an der Hardware testen können.“ Dafür stehen insgesamt sechs Laborplätze für jeweils bis zu drei Personen zur Verfügung. Hinzu kommt ein Laborplatz für den Lehrer, über den er die Spannungsversorgung der Laborplätze sowie die IPCs fernsteuert.
Safety, Motion plus vertikale Integration
Je Arbeitsplatz gibt es dafür drei Schulungsmodule mit den Schwerpunkten PLC, Safety und Motion, die sich flexibel mit den Industrie-PCs C6525 patchen lassen.
Im Schulungsboard PLC sind neben digitalen und analogen I/O-Klemmen (EL1895, EL3174, EL4132) zusätzlich eine AS-i-Master-Klemme (EL6201) sowie analoge Eingangsklemmen EL3214-0090 für zwei Potenziometer verbaut. Das Lernmodul Motion beinhaltet neben zwei EtherCAT-Klemmen EL7221-0090 (48 V DC, 8 A, OCT) für die Ansteuerung von Servomotoren auch eine Brems-Chopper-Klemme (EL9576) sowie ein Lüftermodul (ZB8610). Ein Encoder-Interface EL5151 zum Einstellen von Sollwerten komplettiert dieses Modul.
Das Schulungsboard Safety umfasst neben einer TwinSAFE-Eingangsklemme (EL1918) und einer 4-kanaligen TwinSAFE-Ausgangsklemme (EL2904) auch eine IO-Link-Masterklemme mit TwinSAFE-SC-Kommunikations-Interface für IO-Link (EL6224-0090) sowie eine digitale EtherCAT-Klemme (EL1859). „Zusammen mit TwinCAT 3 als Programmierplattform und verschiedenen TwinCAT 3 Functions decken wir sehr viele und immer praxisorientierte Lernszenarien ab“, betont Stefan Felkel.
„Die Basis dafür bilden unsere drei Schulungsboards Motion Servo, TwinSAFE und TwinCAT I/O. Damit diese mit den bereits vorhandenen Schulungsaufbauten kompatibel sind, wurden die Module von Franco Angelico, Beckhoff Applikation, und Jens Thorun, Beckhoff Demo-Systems, an die Anforderungen von Stefan Felkel und Markus Grill angepasst“, ergänzt Wolfgang Negele vom Beckhoff-Vertriebsteam in Nürnberg.
Wichtig ist Stefan Felkel, dass jeder einen eigenen Industrie-PC zur Verfügung hat und diesen unkompliziert mit jeglicher Hardware verbinden kann. PC-based Control und EtherCAT schaffen hier maximale Flexibilität: Über entsprechende Netzwerk-Anschlüsse können die Industrie-PCs flexibel mit der jeweiligen Hardware des Laborarbeitsplatzes oder mit anderen mobilen Schulungswagen verbunden werden.
Ausbildung mit Praxisbezug und TwinCAT 3
Neben verbindungsprogrammierten Steuerungen (VPS) werden im Labor vor allem die Grundlagen zur Programmierung von Ablaufsteuerungen vermittelt. Dreh- und Angelpunkt ist dabei TwinCAT 3 als Engineeringplattform. Hinzu kommen für die Bereiche Motion und Safety TwinCAT 3 NC PTP sowie der Safety Editor. Der Vorteil von TwinCAT ist, dass die Schüler- und Schülerinnen den IPC zum Programmieren der Anwendung und als Soft-PLC nutzen können. Zudem können die eigenen Laptops ohne großen Lizenzierungs-Aufwand gleichermaßen verwendet werden. „Das führt in der Regel zu einer noch intensiveren Beschäftigung mit dem Thema PC-based Control“, so Stefan Felkel. Als Hauptvorteil von Industrie-PCs gegenüber klassischen, Hardware-lastigen Steuerungsplattformen sieht Stefan Felkel die Flexibilität im Einsatz. „Wir nutzen zusätzlich verschiedene Erweiterungen, wie z. B. für OPC UA aus dem Bereich Connectivity“, so Stefan Felkel. Bei der Auslegung und Optimierung der Antriebsachsen kommen neben TwinCAT 3 Motion Designer (TE5910) und TwinCAT 3 Drive Manager 2 (TE5950) auch TwinCAT 3 Bode Plot Base (TE1320) zum Einsatz.
Hinsichtlich der Programmiersprachen starten die Berufs- und Fachschüler mit Funktionsbausteinsprache (FBD). Im Anschluss daran folgt die Einführung in die PLC-Programmierung mit einfachen Aufgaben. Elektriker und Techniker für Automatisierungstechnik programmieren im Anschluss an diese grundlegende Phase dann ausschließlich in Strukturiertem Text (ST). Um neben Ethernet und EtherCAT auch die theoretischen Grundlagen eines Feldbusses praktisch untermauern zu können, sind bei einer Aufgabenstellung zusätzlich Komponenten integriert, die über AS-Interface angesteuert werden.
Von Schützschaltung bis Roboter-Applikation
Im Bereich Antriebstechnik werden die grundlegenden Schützschaltungen sowohl über verbindungsprogrammierte Steuerungen als auch mit entsprechenden Programmen über die Industrie-PCs C6525 vermittelt. „Mit der Ansteuerung von Motoren über ein Sicherheitsschaltgerät schaffen wir hier den Einstieg in die Safety-Thematik, die anschließend mit TwinSAFE vertieft wird“, so Stefan Felkel. Der geregelte Betrieb von Servomotoren (AM8132) über die EtherCAT-Klemmen EL7221 (kompakte Antriebstechnik) sowie die Belastung eines Asynchronmotors, um dessen Kennlinie zu ermitteln, komplettieren die antriebstechnischen Aufgabenstellungen.
Am Ende ihrer Ausbildung werden die Schüler- und Schülerinnen mit der Programmierung einer Roboteranlage beauftragt: Zwei Roboter und fünf weitere Stationen mit grundlegenden Automatisierungselementen (Sensorik, Elektropneumatik, Bussysteme) sind anzusteuern. Dazu müssen die Schülerinnen und Schüler die Funktion der jeweiligen Teilstation analysieren, deren Schnittstellen zu den benachbarten Stationen identifizieren und die Kommunikation initiieren. Programmentwurf, Programmierung sowie Test und Dokumentation schließen das Projekt ab. „Wir wollen einen möglichst spannenden Praxisbezug herstellen und gleichzeitig viele grundlegende Themengebiete aufgreifen“, begründet Stefan Felkel das Engagement.
Das Schulungsangebot soll zukünftig noch um die Thematik Ansteuerung von Servomotoren erweitert werden. Die entsprechenden Servoverstärker AX5000 stehen bereits zur Verfügung und werden derzeit zu neuen Lehrmodulen aufgebaut. Darüber hinaus steht die Integration von translatorischen Motoren sowie Sondermotoren auf der Roadmap. Und abschließend ergänzt Stefan Felkel: „Insgesamt bedanke ich mich für die gute Zusammenarbeit, vor allem bei Franco Angelico, Applikation bei Beckhoff in Nürnberg, der die Realisierung der Module maßgeblich vorangetrieben hat.“