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haeusler-umformmaschine © Beckhoff
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28.12.2021

Schwerste Stahlplatten IPC-gesteuert präzise in die richtige Form bringen

PC-based Control bei der Formung von Stahlplatten in einer von Chinas größten Schiffswerften

Die Haeusler AG, im schweizerischen Duggingen, ist ein führender Spezialist für Großanlagen zur Umformung von Metallplatten. So lieferte man Ende 2020 mit einer 1.245 t schweren Richtmaschine einen wahren Giganten an eine der größten Schiffswerften in China. Zum Einsatz kommt diese nach Unternehmensaussage weltweit größte Anlage ihrer Art bei der Herstellung von Schiffswänden für Öltanker. Die PC-basierte Steuerungstechnik von Beckhoff sorgt hier dafür, dass die gewaltigen Kräfte für präzise geformte Stahlteile in die richtigen Bahnen gelenkt werden.

Der Sondermaschinenbauer Haeusler wurde 1936 gegründet und beschäftigt ca. 120 Mitarbeiter. Entwickelt wurden seither vielfältigste und kundenspezifisch angepasste Maschinen und Fertigungslinien zur Bearbeitung von Metallblechen beispielweise für die Türme von Windenergieanlagen, für Pipelines, für die Ariane-Rakete, für den Schiffsbau sowie für Gehäuse innerhalb von Kraftwerken und Reaktoren. Die aktuelle Richtmaschine RI 4000 X 87 wurde – nach rund 18 Monaten Konstruktions- und Bauzeit – an den chinesischen Kunden ausgeliefert. Die zahlreichen Werften des Unternehmens produzieren ein breites Spektrum an Schiffen, vom Öltanker über Cargo- und Passagierschiffe bis hin zu Schnellbooten.

Über das im Bedienpult integrierte Multitouch-Control-Panel CP2924 lässt sich der Prozessablauf übersichtlich visualisieren.
Über das im Bedienpult integrierte Multitouch-Control-Panel CP2924 lässt sich der Prozessablauf übersichtlich visualisieren.

80 Jahre Erfahrung mit Richtmaschinen

Bei der Entwicklung solch kundenspezifischer Richtanlagen kann Haeusler auf eine über 80-jährige Erfahrung zurückgreifen. Ergebnis ist die RI-Maschinenserie, die je nach technischer Spezifikation mit fünf, sieben, neun oder elf Richtwalzen ausgestattet ist. Hierzu zählt auch die aktuelle gigantische Anlage, die bei 12 m Höhe und 1.245 t Eigengewicht sowie ausgestattet mit fünf großen Richtwalzen bei den Umformprozessen bis zu 19.000 t Kraft aufbringen kann. Damit lassen sich 120 mm dicke, 4 m breite und 12 m lange hochfeste Stahlplatten (1.000 N/mm2 Streckgrenze) mit einem Gewicht von bis zu 45 t bearbeiten. Diese enormen Blechdimensionen bieten laut Haeusler wesentliche Vorteile gegenüber einer klassischen Richtmaschinen-Lösung.

Die Bearbeitung solcher Stahlplatten ist nicht mit derjenigen typischer, nur wenige Millimeter dicker Metallbleche vergleichbar. In der Regel geht es vielmehr darum, die nach ihrer Herstellung mitunter leicht welligen Platten für die folgenden Arbeitsschritte eben auszurichten. Als weitere Aufgabe werden die im Blech auftretenden Spannungen durch Kaltwalzen in mehreren Zügen homogenisiert. Dabei bietet die RI-Serie mehrere Vorteile wie z. B. eine spezielle Einzelwalzenverstellung für das optimale Richten sowohl dünner als auch sehr dicker Bleche. Der direkte Walzenantrieb ermöglicht einen automatischen Geschwindigkeitsausgleich und eine integrierte Überlastsicherung.

Intelligente Maschinensteuerung für optimale Bearbeitungsergebnisse

Weiteres Feature der RI-Serie ist laut Haeusler die intelligente Maschinensteuerung. Diese ermöglicht es dem Bediener, innerhalb kurzer Zeit optimale Bearbeitungsergebnisse zu erzielen. Grundlage hierfür bildet die PC-basierte Steuerungstechnik von Beckhoff, die sich – modular verteilbar und mit EtherCAT über ein hochleistungsfähiges Kommunikationssystem vernetzt – ideal an die speziellen Anforderungen der Richtmaschine anpassen lässt. Dazu erläutert Patrick Stadler, Deputy Head of Electrical Department von Haeusler: „Die Stärke von Beckhoff liegt in der Breite des Portfolios und insbesondere in der Systemoffenheit von PC-based Control und EtherCAT. So lassen sich bei Bedarf auch Drittkomponenten wie z. B. Wegmesssysteme ohne großen Aufwand einbinden. Hinzu kommt, dass für die Anlage ein zweiter Steuerungsrechner für eine nachgelagerte Messanwendung zur Qualitätsprüfung nach dem Richten geliefert wurde. Mit der EtherCAT-Bridge-Klemme EL6695 ließen sich beide Steuerungen mit minimalem Aufwand zur Echtzeitdatenkommunikation verbinden. Wir nutzen zudem ADS für die Übertragung von Prozessparametern zwischen den Steuerungen via TCP/IP und zum eigenentwickelten HMI und schätzen auch hier die Offenheit der Schnittstelle." Als weiteres Beispiel nennt Patrick Stadler einen hochpräzisen Laser, der für die Ebenheitsmessung der gerichteten Stahlplatte eingesetzt wird: „Der Laser verfügt über eine RS422-Schnittstelle und konnte mit dem seriellen Interface EL6021 und der entsprechenden TwinCAT-Bibliothek einfach und ohne mühsames Projektieren integriert werden."

Für die bis zu 120 mm dicken Stahlplatten sind die Projektexperten nur Leichtgewichte (v.l.n.r.): Patrick Stadler, Deputy Head of Electrical Department von Haeusler, Peter Reinstadler von Beckhoff Schweiz, Haeusler-CEO Jürgen Freund und Benjamin Schaeuble, Head of Mechanical Department von Haeusler.
Für die bis zu 120 mm dicken Stahlplatten sind die Projektexperten nur Leichtgewichte (v.l.n.r.): Patrick Stadler, Deputy Head of Electrical Department von Haeusler, Peter Reinstadler von Beckhoff Schweiz, Haeusler-CEO Jürgen Freund und Benjamin Schaeuble, Head of Mechanical Department von Haeusler.

Die Gesamtsteuerung der aktuellen Maschine ist über zwei Schaltschrank-Industrie-PCs C6920 realisiert. Diese sind über die effiziente Einkabellösung CP-Link 4 an je ein Control Panel CP2919 (19-Zoll-Display) bzw. CP2924 (24-Zoll-Display) als komfortables, in ein Bedienpult eingebautes Multitouch-HMI angeschlossen. Als Steuerungssoftware dient TwinCAT mit der Bibliothek TwinCAT PLC Hydraulic Positioning (TS5810), welche die Grundlage für die gesamten Achsregelungen bildet und damit laut Patrick Stadler immense Kräfte koordiniert: „Aus einem 8.000-l-Öltank wird ein komplexes Hydrauliksystem gespeist, das bis zu 3.500 l/min Öl umsetzt. Realisiert ist eine hydraulische Drehmomentregelung von gleichzeitig sieben Achsen, mit Drehmomenten von bis zu 10 Mio. Nm. Dabei wird die Anlage mit bis 2.500 A Strom (bei Volllast) versorgt, der mehrheitlich für die Hydraulik genutzt wird." Einen zusätzlichen Vorteil sieht Patrick Stadler in TwinCAT OPC UA Server (TS6100): „Mit dieser OPC-UA-Anbindung bieten wir dem Endkunden die Möglichkeit, die Maschine effizient in sein Shopfloor-Management einzubinden."

Die in mehreren Schaltschränken innerhalb der Anlage verteilte I/O-Ebene umfasst neun EtherCAT-Koppler EK1100, neun EtherCAT-Abzweige EK1122 sowie über 150 EtherCAT-Klemmen. Dazu zählen unter anderem 36 Digital-Eingangsklemmen EL1008 und 28 Digital-Ausgangsklemmen EL2008, EL2024 bzw. EL2088. Vier 2-Kanal-Pulsweitenstromklemmen EL2535 kommen ebenfalls zum Einsatz. Vorteile ergeben sich für Haeusler durch das breite Klemmenspektrum zur Analogwerterfassung. So werden z. B. über die für bis zu 600 V AC geeignete Leistungsmessklemme EL3413-0001 auch besonders leistungsstarke Maschinenkomponenten direkt eingebunden. Ergänzt wird die Analogwerterfassung durch 27 analoge EtherCAT-Eingangsklemmen EL3152, EL3162 und EL3255 sowie sieben analoge Ausgangsklemmen EL4032 und EL4034. Weitere verwendete I/O-Klemmen sind das Inkremental-Encoder-Interface EL5152, das serielle Interface EL6021 (RS422/RS485), die EtherCAT-Speicherklemme EL6080 und die EtherCAT-Bridge-Klemme EL6695.