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09.12.2020

Systemintegrierte Messtechnik für die Energieversorgung der Westschweiz

EtherCAT-Klemmen reduzieren Kosten und ergeben ein sicheres Netzwerkmanagement in der Energieversorgung

Romande Energie SA, einer der fünf größten Energieversorger der Schweiz, setzt in seinen Umspannwerken mit den Leistungsmessklemmen EL3453 und weiteren EtherCAT-Klemmen systemintegrierte Messtechnik von Beckhoff ein, um die Netzverfügbarkeit sicherzustellen. Realisiert ist dies über ein sekundäres Datenerfassungssystem, das einen Ausfall des gesamten oder eines Teils des Haupterfassungspfades kompensieren kann.

Romande Energie produziert, verteilt und handelt elektrische Energie im Kanton Waadt und in Teilen der Kantone Wallis, Freiburg und Genf. Als Betreiber des Versorgungsnetzes ist das Unternehmen auch für das 125-kV-Netz verantwortlich. Versorgt werden mehr als 300.000 Kunden, was einer Zahl von etwa 500.000 Personen entspricht. Die Netzinfrastruktur umfasst 45 Umspannstationen (Hoch- bis Mittelspannung), 3.200 Unterstationen (Mittel- bis Niederspannung), 10.000 km Stromleitungen und 720 km Glasfaserleitungen.

Romande Energy setzt seit 2017 Beckhoff-Technologie in ihren Anlagen ein. Ausschlaggebend für diese Wahl war nach Angaben des Energieversorgers vor allem die Tatsache, dass der kompakte und kostengünstige Embedded-PC CX9020 die ideale Plattform für den Einsatz von StreamX® darstellt. Diese modulare Software-Gateway-Lösung für Energieinfrastrukturen wurde von Romande Energie sowie Services Industriels de Genève entwickelt, um die Kommunikation für die Entwicklung und den Betrieb von elektrischen Unterstationen zu standardisieren. Nach Angaben von Romande Energie konnte das Unternehmen durch den Einsatz eines eigenen Gateways (basierend auf dem Produkt StreamX®) bestehende Installationen vereinfachen, durchgängig ein einziges Engineeringtool nutzen und seine Applikationen standardisieren. Außerdem konnte das Unternehmen auf einige proprietäre Tools verzichten, was zu erheblichen Kosteneinsparungen führte. Die langfristige Verfügbarkeit der Beckhoff-Produkte sei für das Projekt ebenfalls sehr wichtig, da die Unterstationen eine Lebensdauer von ca. 30 Jahren aufweisen.

Sekundärkreislauf zur Messung der Energieströme

Romande Energie verwaltet sein Versorgungsnetz von einer regionalen Leitstelle aus, wobei die Energieströme 24 Stunden am Tag überwacht werden. Die Transformatorstationen werden vom Primärkreislauf über ein proprietäres Kommunikationsnetz ferngesteuert und jedes Umspannwerk überträgt kontinuierlich den Status der Schaltanlage und damit auch der Netztopologie. Um eine sichere Energieverteilung zu gewährleisten, beinhalten die Unterstationen ‘intelligente’ Geräte für Schutz- und Steuerfunktionen. Im Fall einer Störung unterbrechen diese intelligenten elektronischen Geräte die Leitungen bzw. sie sorgen dafür, dass die Schaltvorrichtung gemäß den von der Leitstelle gesendeten Befehlen arbeitet. Zudem übermitteln diese Geräte an die Leitstelle sowohl die Stellungsinformationen von Schutz- und Trennschaltern als auch Messdaten z. B. zu Spannungspegel, Stromwert und verschiedenen Leistungen.

Die Projektingenieure Patrick Ducret und Gabriel Pelet, beide von Romande Energie, sowie Vincent Hauert, Leiter der Beckhoff-Geschäftsstelle Yverdon, vor den Hochspannungsschaltanlagen (v.l.n.r.).
Die Projektingenieure Patrick Ducret und Gabriel Pelet, beide von Romande Energie, sowie Vincent Hauert, Leiter der Beckhoff-Geschäftsstelle Yverdon, vor den Hochspannungsschaltanlagen (v.l.n.r.).

Das Energieunternehmen befolgt die ICT-Kontinuitätsempfehlungen des Verbandes Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen, d. h. dessen Empfehlungen zur Sicherstellung der ständigen Verfügbarkeit der Informations- und Kommunikationstechnologie im Rahmen der Versorgungskontinuität. Dementsprechend muss die Transparenz des Energieversorgungsnetzes jederzeit sichergestellt sein, was die Installation eines Notfall-Erfassungssystems erfordert hat. Bei diesem zweiten, über eine Glasfaserschleife realisierten System, das einen Ausfall des gesamten oder eines Teils des Haupterfassungsweges kompensiert, kommen zahlreiche EtherCAT-I/Os von Beckhoff zum Einsatz.

  • Die digitalen Eingangsklemmen EL1712-0020 (120 V DC) erfassen die Stellungen der Schaltgeräte (Leistungs-, Trenn- und Schutzschalter), die Informationen der Alarmgruppen sowie die Störmeldung (Watchdog) der Schutzeinrichtung.
  • Über die digitalen Eingangsklemmen ES1008 (24 V DC, 3 ms) werden allgemeine Signale abgerufen, wie z. B. Informationen zum Status der Rettungsdienste und über die lokale Verwaltung der Umspannwerke (u. a. Status der 110-V-DC-Verteilung und des Feueralarms sowie das Vor-Ort-Personal).

Die steckbare „ES“-Version der EtherCAT-Klemmen hat sich laut Romande Energie beim Aufbau der Schutzgehäuse und Schaltschränke sowie bei Vorprüfungen und im Fall einer Fehlersuche als besonders geeignet erwiesen, da die I/Os ohne Neuverdrahtung ausgetauscht werden können.

Leistungsmessklemmen in den Hochspannungsanlagen

Die 3-Phasen-Leistungsmessklemmen EL3453 sind an jedem der Hochspannungsmodule angebracht, die in Reihe geschaltet sind. Mit bis zu 690 V AC Messspannung lassen sich Eingänge direkt an die Niederspannungsseite der Messwandler anschließen. In den Hochspannungsanlagen von Romande Energie liefern sie Messinformationen wie z. B. Strom-, Spannungs- und Leistungswerte sowie die Richtung von Energieflüssen.

Zuvor waren die entsprechenden Messungen nur über Messwandler möglich, da die bisherige Ausrüstung die von der Sekundärseite der Messwandler kommenden Spannungen und Ströme nicht direkt unterstützten. Dieser hohe Zusatzaufwand entfällt nun durch den Einsatz der EL3453. Darüber hinaus ist die EtherCAT-Leistungsmessklemme unempfindlich gegenüber hohen Strömen, wie sie bei Fehlfunktionen der Anlage auftreten können. Der Nennstrom für die Messung beträgt in der Regel 1 A, kann maximal allerdings auch 60 A für 1 s Dauer betragen. Die EL3453 spart aber nicht nur durch den Wegfall der Stromwandler Kosten, sondern sie vereinfacht auch die Installation. Reduzierter Hardwareaufwand, eine einheitliche Lösung für den Hoch- und Mittelspannungsbereich sowie das gleiche Engineeringtool für das gesamte Steuerungs- und Datenerfassungssystem – sowohl für den Haupt- als auch für den Sekundärkanal – sind die Folge.

Mittelspannungsinstallationen im Versorgungsnetz

Mittelspannungsanlagen (10 bis 20 kV) versorgen die Bezirkstransformatoren, welche die Mittel- und Niederspannung für den Endkunden bereitstellen. Hier liefern die EtherCAT-Klemmen (ES1008) von Beckhoff Informationen (Unterbrecher- und/oder Schalterstellungen, Erdschluss- und Kurzschluss-Erkennungen), die in der Leitstelle zur Steuerung des Versorgungsnetzes genutzt werden. Zudem bilden sie die Grundlage für eine Abschätzung des Netzzustands sowie für das Energieflussmanagement und die Notfallanalyse. Die Relais-Ausgangsklemmen ES2624 (125 V AC/30 V DC) dienen dazu, Befehle zum Öffnen und/oder Schließen von Schaltgeräten (Leistungsschalter und Trennschalter) zu weiterzugeben. Leistungsmessklemmen setzt Romande Energie bei den Mittelspannungsschaltanlagen nicht ein, da das Mittelspannungsverteilnetz nur sehr wenige Messungen erfordert. In einigen Fällen sind Messgeräte mit Modbus- oder IEC-61850-Protokoll vorhanden, deren Einsatz von der Ethernet-Switchport-Klemme EL6614 optimal unterstützt wird.